Eine fotografische Dokumentation der Schmetterlingsmetamorphose.

Naturfoto einer Raupe bei der VerpuppungAnfang September letzten Jahres (2014) stand unsere kleine Tochter mit einem Stengel Brennnesseln in der Hand vor der Türe. Mein erster Gedanke war natürlich, dass unsere Tochter mit Quaddeln übersäht sein müsse und die Schreierei auf dem Heinweg groß gewesen war.
Dem war aber nicht so - keine Quaddeln, keine Schreierei! Vielmehr hob sie mir den Stengel entgegen und fragte mich, was dort für Tiere drauf seien. In der Tat hatte unsere Tochter bei einem Spaziergang eine Brennnessel mit vielen Raupen des Pfauenauges (Aglais io) gefunden und den Stengel einfach abgerissen. Glücklicherweise hatte sie einen Stengel erwischt, der keine Brennhaare hatte....
Nun stand ich also da und überlegte was mit den Tieren nun zu tun sei. Ich beschloss den Stengel in ein altes Vivarium, in dem wir früher fleischfressende Pflanzen gehalten hatten, reinzustellen und die Entwicklung der Tiere zu dokumentieren. Natürlich zusammen mit unserer Tochter, die großen Eifer dabei entwickelte. Dieser Entschluss viel mir nicht leicht, da ich der Überzeugung bin, dass Tiere in ihrer natürlichen Umgebung leben sollten und empfndame Lebewesen sind. Darüber hinaus können natürlich auch Schutzbestimmungen gelten, die die Haltung im Terrarium verbieten. In diesem Fall war letzteres Argument hinfällig, da das Tagpfauenuage nicht geschützt ist. Dennoch möchte ich eindringlich darauf hinweisen, dass dies keinesfalls als Anleitung zum Halten von Raupen in Vivarium oder Terrarium angesehen werden soll. Vielmehr geht es mir darum die Faszination der Metamorphose zu zeigen und ein paar fotografische Tipps zu geben.

Schmetterlingsraupen im Vivarium halten

Naturfoto von zwei der Tagpfauenaugen-Raupen Nach erster in Augenscheinnahme befanden sich alle Raupen bereits in ihrem adulten Raupenstadium, bei dem sie tief schwarz gefärbt sind und weiße Punkte tragen. Dabei waren alle Tiere etwa gleich groß und ca. 4 cm lang. Es sollte nicht mehr lange bis zur Verpuppung dauern. Daher beschloss ich in das Vivarium einige trockene Grashalme schräg reinzustellen und andere diagonal oben waagrecht auf die Glaskanten zu legen. Schließlich spannte ich noch durchlöcherte Frischhaltefolie über das Vivarium. Das Vivarium stellte ich auf den Balkon, um die Tiere einem natürlihen Klima auszusetzen.

Anschließend stellte ich täglich frische Brennnesseln in das Vivarium, entnahm alte und reinigte den Boden von den Exkrementen der Raupen. Täglich suchte ich die Raupen auf Parasiten ab oder auf abnormales Verhalten im Vergleich zu den anderen. Denn die Raupen des Tagpfauenauges sind häufig von Zweiflügler-Larven, wie beispielsweise Schlupfwespen befallen. Doch ich hatte Glück - keines der Tiere war von Parasiten befallen oder verhielt sich anders wie die restlichen Tiere.
Nach etwa drei Tagen hörten die Raupen auf zu fressen und auf die frischen Zweige zu wechseln. Einige der Tagpfauenaugen-Raupen saßen an den schräg aufgestellten Grashalme, wobei der Kopf nach oben zeigte. Eine Raupe saß an einem der waagrecht auf das Vivarium gelegten Grashalme und eine weitere an einem Brennnessel-Ast.

Den Moment der Verpuppung abpassen

Leicht gekrümmt warten die Raupen auf ihre Verpuppung - ein Naturfoto.Nach etwa einem Tag hatten sich die Raupen an den schräg aufgestellten Grashalmen herumgedreht und saßen nun mit Kopf nach unten zeigend da. Am gleichen Tag hängten sich die Raupen kopfüber an die gerockneten Grashalme. Dazu sponnen sie eine kleine Unterlage aus Seidenfäden und hängten sich mit ihren Nachschiebern daran auf. So hingen sie leicht gekrümmt und bewegten sich nur sehr selten. Nach zwei Tagen beobachtete ich, wie die erste Raupe plötzlich sehr gerade da hing und sich anfing zu bewegen. Plötzlich brach die Raupenhaut auf und die Puppe kam hervor.
Dies war der Moment an dem ich beschloss die anderen Grashalme aus dem Vivarium zu nehmen und steckte sie in einem Winkel von etwa 45° in eine etwa 2 cm Dicke Styroporplatte. Diese stellte ich vor einen grünen Hintergrund und richtete ein Blitzgerät von schräg oben links auf die Raupen und eines auf den Hintergrund.

Um bei allen Aufnahmen absolut identische Belichtungen zu erhalten stellte ich an der Kamera die Belichtungszeit manuell auf 1/200 s ein. Dies führte dazu, dass ausschließlich die Blitzgeräte zur Belichtung beitrugen, denn die Blende stellte ich auf f16. Auch die Blitzgeräte stellte ich manuell ein. Dies hat den Vorteil, dass bei jedem Bild sichergestellt ist, dass die Blitz mit exakt der gleichen Leistung blitzen. Zwar sollte dies auch bei der TTL-Automatik der Fall sein, doch wollte ich kein Risiko eingehen. Die Stärke der Blitze regelte ich so ein, dass eine ausgewogene Belichtung für die Raupe erreich wurde und der Hintergrund in einem schönen grün erschien.

Die Verpuppung

Heftige Bewegung einer Tagpfauenauge-Raupe bei der Verpuppung - ein NaturbildSchließlich hieß es Warten. Im Verlauf von etwa 4 h verpuppten sich alle weiteren Raupen. Jedesmal kündigte ein "gerades" Herabhängen und Bewegungen der Raupen die Verpuppung an. Ab diesem Moment dauerte es zwischen 5 und 25 min, bis es zum Aufplatzen der Raupenhaut kam. So dann kam die Puppe zum Vorschein. Durch kreisende und wellenartige Bewegungen streifte die Puppe die alte Raupenhaut nach oben hin zum Nachschieber ab.
Nun versuchte die Puppe durch teils sehr heftige Bewegungen die alte Raupenhaut vollständig abzustreifen und zum Herunterfallen zu bringen. Der gesamte Prozess dauerte in allen Fällen etwa 5 - 6 Minuten. Nur in einem Fall gelang das Abstreifen der Raupenhaut der Puppe nicht und sie verblieb die gesamte Dauer der Metamorphose an der Raupe. Während des gesamten Prozess' machte ich die Beobachtung, dass die Rauppen bzw. Puppen auf die Blitze in gewisserweise reagierten. Zumindest bilde ich mir ein, dass die Puppen nach dem Abstreifen und Herunterfallen der Raupenhaut sich bei weiteren Blitzentladungen immer noch recht heftig bewegten. Bei Raupen bzw. Puppen, bei denen ich weniger in der ersten Zeit, nachdem die Raupenhaut heruntergefallen war, blitzte, konnte ich weniger Bewegungen feststellen.

Hier eine Zeitraffer der Verpuppung eines Tagpfauenauges (Aglais io) mit etwa 6-facher Beschleunigung. Der gesamte Prozess dauerte ca. 6 min. Zur Ertsellung der Zeitraffer fokussierte ich manuell auf die Raupe und blendet auf Blende 16 ab, um eine ausreichend hohe Schärfentiefe auch für leichte Bewegungen der Raupe zu haben. Nun aktivierte ich die Zeitrafferfunktion meiner Kamera Nikon D810 und stellte ein Intervall von 10 s ein. Leider stieg mitten in der Serie das Blitzgerät für den Hintergrund aus. Deshalb musste ich bei einigen Aufnahmen den Hintergrund in der Nacbearbeitung selektiv aufhellen. Dank des enormen Dynamikumfangs der Nikon D810 bei ISO 64 war dies kein großes Problem. Nachdem ich das Hintergrundblitzgerät gegen ein Ersatzgerät ausgetauscht hatte, stimme auch die Belichtung des Hintergrunds wieder.

Das Schlüpfen der Schmetterlinge

Naturfoto einer Tagpfauenauge-Puppe etwa einen Tag vor dem Schlupf. Deutlich sind die roten Flügel und eines der Augen erkennbar.In der Literatur findet man eine Dauer von 2 Wochen für die Metamorphose des Tagpgauenauges und den Hinweis, dass etwa einen Tag vor dem Schlüpfen des Schmetterlings die Flügelfärbung durch die Puppenhaut erkennbar sein soll. Ziemlich genau 6 Tage nach der Verpuppung konnte ich eines Nachmittags bei allen Puppen die roten Flügel erkennen. Erst nur schemenhaft, dann jedoch abends ziemlich gut. Als ich am nächsten Morgen um etwa 6 Uhr aufwachte stellte ich fest, dass der erste Schmetterling gerade geschlüpft war. Interessanterweise war es der Schmetterling, dessen Raupe sich als erstes Verpuppt hatte. Es schien also, dass die Metamorphose - zumindest unter konstanten Temperaturbedingungen im Zimmer - nur bei einer Woche liegt. Daher entschloss ich mich die Stengel mit den Puppen wiederum vor dem grünnen Hintergrund aufzustellen und stellte die Blitzgeräte wieder auf. Wieder beleuchtete das eine Blitzgerät die Puppe von schräg oben und ein zweites den Hintergrund. Nun wartete ich bis der nächste Schmetterling schlüpfte. Vom Aufbrechen der Puppe bis zum Moment des Herauskrabbelns vergeht kaum eine Minute. Das anschließende Aufpumpen der Flügel ist nach etwa 5 bis 7 Minuten abgeschlossen. Allerdings härten die Flügel und er Körper des Schmetterlings noch weiter aus, so dass alle Schmetterlinge erst nach etwa 1,5 bis 2 h abflogen.

Hier eine Zeitraffer des Schlüpfens eines Tagpfauenauges (Aglais io) mit etwa 3-facher Beschleunigung. Ich ging analog zur Zeitrafferaufnahme der Verpuppung vor. Allerdings merkte ich schnell, dass das Tier sobald es aus der Puppe geschlüpft war sich sehr bewegte und damit teilweise außerhalb der Schärfentiefe war. Daher verwendete ich ab diesem Moment den Autofokus und stellte das Fokusmessfeld mit der Daumenwippe kurz vor den Belichtungen der Einzelbilder ein.

Nach dem Schlupf stellte ich alle Stengel mit den Schmetterlingen auf den Balkon ins Freie und entließ die Tiere in ihre Freiheit. Alles in allem war dies eine interessante Erfahrung und es sind etliche schöne Naturfotos entstanden. Allerdings möchte ich hier nochmals eindringlich daruaf hinweisen, dass auch Schmetterlinge empfindsame Lebewesen sind und nicht leichtfertig ihrer Freiheit beraubt werden sollen. Gegebenenfalls sind auch gesetzliche Regelunge zu beachten. Ich hoffe zumindest, dass unsere Tochter nicht nächstes Jahr wieder mit Raupen vor der Türe steht...